Rezension
CD „Brisas Andaluzas“ (Ben van Dijk)
Ben van Dijk - solo bass trombone and flamenco guitar
Ilja Reijngoud - lead and improvisation trombone
Christian Grässlin - trumpet and flugelhorn
Pablo Martinez - singing, Cajon and palmas
Marcel Serierse - Drums ... u.a.
© 2018 Ben van Dijk
von Jakob Guizetti
Zwei Niederländer komponieren und spielen spanische Musik. Nichts Außergewöhnliches? Ja und nein! Ja, weil Ben und Ilja halt einfach hervorragende Posaunisten sind, weltweit bekannt und anerkannt, aber als Orchester- und Jazzmusiker bzw. Komponist vieler moderner Werke nicht gerade im Zusammenhang mit spanischer Folklore stehen. Nein, weil Ben van Dijk schon in jungen Jahren Gitarre spielen lernte und eine große Leidenschaft für den Flamenco entwickelt hat. Die lange und tiefe Freundschaft zwischen Ben van Dijk und Ilja Reijngoud hat zu diesem außergewöhnlichen Projekt geführt. Ben hat seinen Freund schon vor vielen Jahren um eine Flamenco-Jazz-Suite gebeten. Es hat ein bisschen gedauert und es musste auch noch große persönliche Hürden überwunden werden, aber schlussendlich ist aus den Mühen ein großartiges Album entstanden.
Sie erste Vorstellung von Ben war nach eigenem Bekunden, Musik aufzunehmen, in der er selber Bassposaune und Gitarre spielt, plus eines Posaunenensembles. Aber frei nach dem Motto „es eskaliert eh“ wurde dieser Plan dezent um einige hervorragende Gastmusiker gesprengt und ergänzt. So sind auf dieser CD auch ein Streichquartett und die Amsterdam Brass Band zu hören. Gekrönt wird aber die Musik durch die Mitwirkung des Trompeters Christian Grässlin und vor allem durch Pablo Martinez. Der gebürtige Spanier ist mit seinem Gesang, seinem Klatschen und seinem Cajon-Spiel maßgeblich für das originale Kolorit verantwortlich.
Auf was können wir uns bei dieser CD verlassen? Natürlich auf Bens unglaublich schönem und kraftvollen Posaunenklang. Der ist der Kern dieser Aufnahme. Aber es ist eben keine pure Bassposaunen-Solo-CD, sondern eben ein umfassendes, abwechslungsreiches Gesamtwerk, das einen großen Bogen spannt.
In Farucca fängt alles eigentlich ganz harmlos an. Ben spielt seine Gitarrenbegleitung und steigt mit seinem Bassposaunensolo dazu ein, Pablo Martinez begleitet dieses mit Palmas. Die bestehende Stimmung wird dann sehr passend durch das Solo von Christian Grässlin erweitert, um dann wenige Momente später durch einen gesamten Bläsersatz ergänzt zu werden.
Der Titel „Ballad“ ist wirklich super romantisch und gefühlvoll. Das Streichquartett gibt der ganzen Komposition einen sanften Klangteppich, mit dem sich als Solist natürlich befreit spielen lässt. Sehr hörenswert.
Zentrales und mächtiges Werk dieser CD ist „My Spanish Heart“, ebenso eine Komposition von Ilja Reijngoud und gespielt von Ben van Dijk als Solist und der Amsterdam Brass Band. Nun kommt Bens Kunst auf der Bassposaune voll zur Geltung. Dieses gegliederte Werk vereint alles, was man als Solist braucht, die Chance seine ganze Virtuosität in seinem besten Register zu zeigen, aber auch, sich mit seiner ganzen Musikalität zu präsentieren. So ist „My Spanish Heart“ ein richtiges Bassposaunenkonzert, das von Solist und Brass Band alles abverlangt.
Posaunenpuristen kommen in „Rapsodia Flamenca“ voll auf ihre Kosten. Ein Stück, das nur für Posaunenensemble komponiert wurde, durch seine pure Länge, 9 Minuten 27, einfach auf den Ansatz geht, aber das Posaunenohr vollständig befriedigt.
Der Abschluss dieser CD beruhigt dann alle Nerven wieder. Bassposaune und Streichquartett spielen diese Ballade als Vertonung eines niederländischen Gedichts von Hendrik Marsman, „Memory of Holland“. Es ist ein berührender Abschluss dieser wilden emotionalen Reise durch das Stammland des Flamencos: Andalusien!
Absolut hörenswert.